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Bernhard Roetzel: Mann, benimm dich!

Sind Sie einer von diesen Männern, die sich einfach nicht benehmen können? Sie sitzen überall breitbeinig rum und kratzen sich zwischen den Beinen? Sie essen im edlen Restaurant mit den Händen? Sie stopfen Ihre dreckige Unterwäsche bei Ihrer Abreise schnell unter das Hotelbett? Traurig, doch auch Männern wie Ihnen kann geholfen werden.

1788 hat alles angefangen: Ein gewisser Freiherr von Knigge veröffentlichte das Buch "Über den Umgang mit Menschen". Schon damals war klar, dass gutes Benehmen kein Selbstzweck ist. Es soll vielmehr das Miteinander der Menschen angenehm gestalten und uns vor Fettnäpfchen bewahren. Nachdem es in den letzten Jahrzehnten "in" war, sich keinen Konventionen zu beugen, sind Benimmbücher auf einmal wieder in Mode. Man(n) benimmt sich wieder.

Mann, benimm Dich!
Foto: Rowohlt
Mit der Zeitschrift "Men's Health" steht ein großer Name hinter dem Buch "Mann, benimm dich!" von Bernhard Roetzel. Der Titel ist Programm. Das Buch will nicht einfach nur gutes Benehmen vermitteln. Es will zeigen, wie Männlichkeit und gute Manieren zusammenpassen. Anders gesagt: Hier kann jeder Partyschreck zum Gentleman werden. Aber klappt das wirklich mit so einem Buch?

Die Verleger jedenfalls legen alles daran, ihren Gentleman-Mythos aufzubauen. Beim ersten Durchblättern fallen vor allem die zahlreichen Fotos auf: Gutaussehende Männer, ordentlich gekleidet und mit ihrem schönsten Colgate-Lächeln, machen wunderschöne Frauen glücklich. Nach de Motto: Wenn die Weiblichkeit lockt, lohnt es sich doch erst recht, endlich das Pöbel-Image abzulegen.

Was bietet uns dieser Ratgeber inhaltlich? Verteilt auf fünf Kapitel werden die Stolpersteine des sozialen Miteinanders behandelt: So gibt es etwa "Mann beim Essen und Trinken", "Mann und Frau" und "Mann im Job" – in dieser Reihenfolge. Sehr bedauerlich ist, dass sich eine Selbstverständlichkeit an die nächste reiht und Roetzel sich ständig wiederholt. So lernt man, dass man in Gesellschaft nicht über einzelne Politiker herziehen soll. Es könnten ja schließlich dessen Parteifreunde sein. Die Lektion glaubt man gelernt zu haben, da wird das ganze noch einmal durchgespielt. Über Ausländer sollte man auch nicht herziehen. Jemand von den Anwesenden könnte ja mit jemand aus dem entsprechenden Land verheiratet sein. Und über den Tod soll man doch bitte auch keine Scherze machen... Wer es bei so vielen Beispielen immer noch nicht kapiert hat, dem ist nicht mehr zu helfen.

Das Buch hat einige durchaus nützliche Passagen. Der richtige Umgang mit akademischen Titeln etwa will wirklich beherrscht sein. Doch man spürt beim Lesen, wie sehr der Autor bemüht ist, jeden seiner gutgemeinten Ratschläge möglichst auf viele Seiten auszudehnen. Der Verleger will ja schließlich was zum Drucken haben. So verfällt Roetzel immer wieder in Selbstverständlichkeiten: Dass ein gemeinsames Frühstück am besten am Wochenende stattfindet, weil man vor der Arbeit so wenig Zeit hat, hätten wir uns auch ohne "Mann, benimm dich!" denken können. Und dem Hamburger bei McD haben sich bisher auch nur ganz wenige mit Messer und Gabel genähert. Dabei gibt es aber auch putzige Erklärungen: "Du sollst Frauen die Autotür öffnen. Was heißt das? Wenn sie beide einsteigen, öffnen Sie zuerst der Frau die Tür, lassen sie einsteigen und schließen die Tür anschließend behutsam." O süße Erkenntnis!

Unangenehm fallen auch die Seitenhiebe auf alle die auf, die nicht zur Gentleman-Riege gehören. Ein Besuch beim Italiener, ohne eine Vorspeise zu bestellen? Barbarisch! Keine Ahnung, wie man die Auster richtig isst? Primitiv!

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Roetzel weit über das Ziel hinausschießt. Die Erziehung vom Stoffel zum Gentleman mag ein lohnenswertes Ziel sein, doch wer bisher gegen die Grundsätze dieses Buches verstoßen hat, ist sicher sowieso ein hoffnungsloser Fall. Alle, die doch etwas davon lernen können, werden dafür aber gleich zu eingebildeten Snobs erzogen. Ob das den Frauen gefallen wird? Dafür fehlen dem Buch einige Dinge, die wirklich wichtig wären und bei denen sich auch sozial geschickte Menschen oft unsicher sind: Wie soll man sich bei Krankheit oder Tod im Bekanntenkreis verhalten? Wie soll man sich entschuldigen, wenn man jemand wirklich tief verletzt hat? Aber Gefühle spielen im Leben von Snobs vielleicht keine Rolle.

Till Weingärtner

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