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Berliner Platz (02): Ärger mit der BERLINALE

Ein offener Brief an den Direktor der Berlinale

Sehr geehrter Herr Kosslick,

ich schreibe Ihnen, weil Sie sozusagen der Chef der Berlinale sind. Berlin ist ja momentan die ungekürte Hauptstadt der Filmwelt. Warum auch nicht, schließlich sind diese elftägigen Festspiele tatsächlich das Mega-Event - ja, ja, ich weiß, ein Unwort - der Cineasten. Und Sie sind nun mitten drin als Leiter des Ganzen.

Ist sicher ziemlich anstrengend, oder? Nun, jedenfalls wollte auch ich dazugehören zur Welt der Reichen, Schönen und Berühmten, zur Glitzerwelt Hollywoods mit seinen Filmstars und solchen, die es werden wollen. Nicht dass Sie mich falsch verstehen: Ich wollte all dem nur v o r der Leinwand teilhaftig werden. Ich wollte kein Schauspieler werden und somit a u f der Leinwand zu sehen sein.

Also, lieber Herr Kosslick, kurzgesagt: Ich wollte eine Karte kaufen, um mir einen Film anzusehen. Ganz normal, nur so zum Vergnügen. Und um dieses Flair des großen Kinos einzuatmen. Nur ist das bei Ihrer Berlinale gar nicht so einfach. Ansonsten - in Berlinale-freien Zeiten - gehe ich an die Kinokasse meines Vertrauens, kaufe eine Karte und setze mich in den Kinosaal. Dann bin ich meist schon glücklich und zufrieden.

Bei Ihrer Veranstaltung ist das leider anders. Vielleicht kann man auf diese - offenbar Ihre ganz persönliche - Art glücklich und zufrieden werden. Mag sein. Jedenfalls muss man bei der Berlinale im Vorverkauf eine Karte erstehen, um sich ein paar Tage später den gewünschten Film ansehen zu können. Merken Sie sich das Wort: Erstehen! Tatsächlich erstehen. Denn man stellt sich an einem der wenigen Vorverkaufsschalter in eine sehr, sehr lange Schlange. Und zwar nicht ein paar Minuten, sondern gleich geschlagene ZWEI Stunden. Wenn man Glück hat,hält man dann seine ersehnten Kinokarten in der Hand. Es aber auch passieren, dass die Tickets schon weg sind. Einfach so, während man 2 Stündchen gemütlich in der Schlange verbracht hat.

Ja, ich weiß: Sie werden einwenden, das Anstehen lohnt sich ja schließlich auch. Immerhin ist es die einzigartige Berlinale! Na gut, da haben Sie recht. Berlin ist einzigartig, also ist auch die Berlinale einzigartig. Ebenso einzigartig dürfte aber auch sein, dass Sie und Ihre Kollegen offenbar jedes Jahr aufs Neue vom Besucheransturm überrascht werden. Sie Tiefstapler! Haben Sie im Ernst gedacht: "Na, wer weiß, ob sich überhaupt jemand für die diesjährige Berlinale interessiert? Machen wir mal vorsichtshalber nur 3 Kassen auf, das müsste dann für die paar erwarteten Filmfreaks reichen."

Nein, Sie wussten ganz genau: "Es kommen wieder Tausende, aber die kommen ohnehin, weil sie unbedingt unsere schönen neuen Berlinale-Filme sehen wollen. Und da diese Cineasten ohnehin kommen, stören sie sich auch nicht an den wenigen Kassen, sondern werden geduldig warten. Haha."

Wenn das tatsächlich Ihre Überlegungen im Vorfeld der Veranstaltung waren, dann haben Sie dadurch wenigstens eines, besser jemanden geschafft: Nämlich mich! Offenbar gehöre ich doch noch nicht zu den geduldigen Cineasten, für die Ihre Berlinale anscheinend gedacht ist. Vielleicht bin ich auch überhaupt kein Cineast. Vielleicht warte ich aber auch einfach mit einem Kinobesuch, bis die Berlinale vorüber ist und ich wieder glücklich und zufrieden bin.

Hochachtungsvoll

Stefan Ewert. Der Autor wurde in Essen geboren, zog mit fünf Jahren nach Berlin und lebt seitdem dort.

Link:
Die Berlinale online

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