brainstorms! dein onlinemagazin.
 bilder     magazin     b!fragt     interaktiv     mail 

 magazin »     unterhaltung  kino+kultur  musik  politik  sport  auto  berliner platz 
   

CD der Woche

Michelle Branch: Hotel Paper

Die Frage nach dem Sinn des Lebens lässt schon seit Äonen Philosophen weltweit verzweifeln. Eines scheint jedoch trotz der monströsen Fragestellung klar: ein Teil dieses Lebenssinns besteht mit Sicherheit darin, nach Verbesserung zu streben. Man muss versuchen, sich und seine Umgebung mit den zur Verfügung stehenden Mitteln nach vorne zu bringen. Erst dieser Drang macht uns zu dem, was man gemeinhin als "menschliches Wesen" bezeichnet.

Michelle Branch
Foto: Warner Music
Was hat dieses pseudo-philosophische Gerede nun mit Michelle Branch zu tun? Es ist eigentlich ganz einfach: vor zwei Jahren schwamm sie mit ihrem Album "The Spirit Room" und der dazugehörigen Erfolgssingle "Everywhere" auf der Welle derjenigen jungen amerikanischen Rock- und Popmusikerinnen mit, die genug vom recycleten Hochglanz-Schmuh à la Britney Spears und Konsorten hatten, und sich lieber mit Gitarre oder Klavier im so bohème wie möglich gestalteten Teenager-Zimmer hinsetzten und anfingen, Songs niederzuschreiben. Diese – verwendete man ein wenig Schröder-Speak – "neue Nachhaltigkeit" ließ sich relativ problemslos in Bares verwandeln. Dies war auch ziemlich schlau von den Plattenfirmen kalkuliert, denn diejenigen, die musikalisch mit Britney aufwuchsen, und nun mit 15 Jahren den klanglich unsicheren und undifferenzierten Kinderschuhen entwachsen waren, konnten sich nahtlos in etwas tiefere Gefilde begeben. Eine neue Käuferschicht war geboren. Was nicht etwa heißen soll, dass Michelles Debutalbum von einer so gigantischen emotionalen Tragweite war, dass man bei jedem Hören Gänsehaut und Weinkrämpfe bekam. Nein, vielmehr bekam man auf "The Spirit Room" gut produzierten und recht eingängigen Post-Girlie-Rock geboten, jedoch ohne wirklichen Tiefgang.

Auf "The Spirit Room" straft Michelle nun diejenigen Menschen Lügen, die in ihr bloß eine substanzlose Eintagsfliege sahen. Zwei Jahre lang hat sie nun nach Verbesserung und Reifung gestrebt (der Kreis schließt sich: ja auch sie ist also ein guter Mensch), und es ist ihr größtenteils auch gelungen, einen ordentlichen Schritt nach vorn zu machen. Mit einem kurzen und kunstvollen Intro, dass sich nach 1940er Jahre Radio anhört, wird schon einmal angedeutet, dass man erwachsener geworden ist. Danach geht es auch schon mit der ersten Single-Auskopplung "Are You Happy Now?" recht eingängig, aber auch ziemlich seicht weiter.

Das Sahnestück des Albums bildet jedoch sein makelloser Mittelteil. Die Songs "Empty Handed", "Tuesday Morning", "One Of These Days", "Love Me Like That (mit Michelles großer Schwester im Geiste Sheryll Crow)", "Desperately" und "Breathe" stellen auf diesem musikalischen Feld das momentan Beste dar, was es zu kaufen gibt. Das Album klingt danach zwar ein bisschen fad aus, jedoch kann das den ordentlichen Gesamteindruck nicht wirklich trüben.

Insgesamt lässt sich sagen, das Michelle deutlich reifer geworden ist. Man kann aber auch sagen, dass sie den Höhepunkt ihres künstlerischen Schaffens noch nicht erreicht hat. Gerade textlich ist da noch eine Menge herauszuholen. Das ist beim zweiten Album natürlich alles andere als schlimm, denn so kann man das nächste Album und – hoffentlich – dessen weitere Reifung mit Spannung erwarten, und mit zunehmendem Alter bekommen die Teenie-Pop-Überlebenden nach und nach bessere Kost geliefert.

P.S.: Als Bonus gibt es für die europäischen Käufer noch zusätzlich die Tracks "Everywhere" und "The Game Of Love" (mit Santana), damit man sich mit dem Kauf von "Hotel Paper" noch mit Michelles beiden bislang größten Erfolgen vertraut machen kann.

Daniel Iranyi

Link:
Michelle Branch – Offizielle Website

Kaufempfehlung:
[CD] »Michelle Branch: Hotel Paper« bei Amazon bestellen

frisch und neu
kino
musik
sport
politik
kultur
unterhaltung
bits+bytes
nach oben