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Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

Was kommt nach der Profikarriere?

Sonnenbaden auf der Terrasse eines noblen Anwesens, mit der Luxuskarosse zum Golfplatz fahren und sich den Rest des Tages über die Millionen auf dem Konto freuen und das jeden Tag wieder. So stellt sich zumindest der Fan den Tagesablauf eines zurückgetretenen Fußballspielers vor.

Vorurteil oder nicht, Andreas Möller jedenfalls ertrug das Leben eines Fußballrentners nur ganze vierzehn Wochen und steht jetzt kurz vor seinem Comeback in der Bundesliga für Eintracht Frankfurt. Er habe einfach Lust gehabt, dem schwächelnden Verein, bei dem er seine Karriere 1986 begann, zu helfen.

Der Fall des 36-jährigen Welt- und Europameisters steht stellvertretend für ein Problem vieler ehemaliger Profis, die aus dem Rampenlicht der Bundesliga in eine dunkle, ungewisse Zukunft abtauchen müssen. Welche Perspektive haben sie nach ihrer Karriere?

Fußballer selbst mit Berufsausbildung schwer vermittelbar

Viele Profis haben für »die Zeit danach« keine Pläne.
Foto: sxc.hu
Eine Umfrage der Spielervereinigung VdV ergab, dass sich die Profis zwar mit der Zeit nach dem aktiven Sport beschäftigen. Aber nur jeder Fünfte hat konkrete Vorstellungen, wie diese aussehen könnte. "Ein Problem ist, dass ehemalige Fußballer selbst mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung als Arbeitnehmer unattraktiv sind, wenn sie sich nicht zwischendurch weitergebildet haben", erläutert VdV-Geschäftsführer Thomas Hüser die Schwierigkeiten, denen Profis bei der Suche nach einer neuen Betätigung begegnen. Zu einer Weiterbildung dürfte ihnen aber bei dem dichten Terminplan eines Erstliga-Stars kaum Zeit bleiben.

Andreas Möller: Erst Comeback, dann Job im Management

Dass der Verein ihm trotz fehlender außersportlicher Berufspraxis eine Zukunftsperspektive bot, war deshalb auch für Andreas Möller mitentscheidend, sich zu einem Comeback überreden zu lassen. Die Führung der Eintracht hatte ihm angeboten, nach einer letzten Saison als Aktiver, Assistent des Vereinsvorstandes in den Bereichen Sport, Marketing und Öffentlichkeitsarbeit zu werden. "Diese Kombination hat ihn letztlich davon überzeugt, noch einmal die Fußballschuhe anzuziehen", erklärt Berater Klaus Gerster den Schritt seines Schützlings.

Oliver Bierhoff: Fundierte Ausbildung und sauberes Image

Nur wenige Ex-Profis erhalten die Möglichkeit, den nahtlosen Sprung in neue berufliche Aufgabenfelder zu schaffen. Ein positives Beispiel ist Oliver Bierhoff. Er zeigt, dass sich die wirklich lukrativen Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten nur den Spielern bieten, die in ihrer Karriere auch neben dem Platz Akzente setzen und diese geschickt in ihr Image einbauen konnten. Parallel zu seiner aktiven Karriere schloss Bierhoff sein Betriebswirtschaftsstudium erfolgreich ab. Da er außerdem mehrere Sprachen fließend beherrscht und ein sauberes Image besitzt, war er bereits in seiner aktiven Zeit gern gesehener und gut bezahlter Werbeträger.

Nach seiner letzten Profistation bei Chievo Verona verpflichteten ihn das Organisationskomitee der WM 2006 in Deutschland und Coca Cola als Repräsentant. Nebenbei wird er für SAT.1 die Champions League analysieren.

Das große Problem, nicht mehr zu spielen

Nur wenige schaffen den Sprung vom Fußballplatz in einen neuen Beruf.
Foto: sxc.hu
Glücklich kann sich also der Profi schätzen, der sich ein Leben jenseits des Rampenlichts vorstellen kann. Weltmeister und Europameister Thomas Häßler kann das offenbar nicht. Er ist ein Beispiel für viele perspektivlose Ex-Kicker, die nach einer langen Karriere nicht von dem lassen können, was sie am besten können: Fußballspielen. Trotz seiner inzwischen 37 Jahre und einer demütigenden Ausmusterung bei 1860 München denkt "Icke" noch lange nicht ans Aufhören.

Sein letzter Trainer in München, Falko Götz, bescheinigte ihm deshalb kürzlich, er habe das "große Problem loszulassen". Häßler war zwar wegen seiner Spielweise bei den Fans beliebt, galt überall als Sympathieträger. Aber außerhalb des Platzes setzte er sich nur wenig werbewirksam in Szene. Seine Maxime lautete immer: "Ich will nur Spaß haben und Fußball spielen".

Getreu diesem Motto entkam er dem schwarzen Loch Karriereende noch einmal und heuerte jetzt in der eher beschaulichen österreichischen Bundesliga an. Hier beim Tabellenletzten SV Wüstenrot Salzburg wird er ein letztes Mal die große Akzeptanz der Fans spüren können, bevor er sich endgültig der Frage nach einer neuen Perspektive stellen muss. Denn ewig wird er seinen Abschied nicht mehr aufschieben können. Einen weiteren Vorteil hat das neue Engagement aus seiner Sicht außerdem noch: Allzu große Medienpräsenz braucht der scheue Star hier nicht zu fürchten.

»Fußball ist mehr, als nur auf der Wiese zu stehen«

Aber gerade eine gute Außendarstellung ist für einen Fußballstar von entscheidender Bedeutung. Nur so kann er sich im Gespräch halten, um sich letztlich auch für spätere Aufgaben zu qualifizieren. "Fußball ist mehr, als nur auf der Wiese zu stehen", weiß Jörg Neubauer, bis letzten Montag noch Berater von Sebastian Deisler. Beide trennten sich, da Deisler zu häufig die Bereitschaft vermissen lässt, sich der Öffentlichkeit, den Medien und Fans, zu stellen.

Ein würdiger Abschied, dann Netzer nacheifern

Bei Andreas Möller könnte aber auch noch ein anderer Grund ausschlaggebend gewesen sein, das Abenteuer Bundesliga noch einmal zu wagen: Die fehlende Anerkennung bei Fans und Medien. Denn anders als Thomas Häßler schaffte er es bei keiner seiner Profistationen zum unumstrittenen Publikumsliebling zu avancieren, trotz einer beeindruckenden Titelsammlung. Doch keiner seiner gewonnenen Titel ist in den Fußballgeschichtsbüchern direkt mit seinem Namen verknüpft. So wird z.B. der Europameisterschaftstriumph 1996 in England mit den Namen Sammer, Eilts und Bierhoff verbunden, obwohl Andreas Möller den entscheidenden Elfmeter im Halbfinalkrimi gegen die Engländer verwandelte und somit den Grundstein zum Erfolg legte.

Zu sehr polarisierte der Mittelfeldregisseur durch schwankende Leistungen, weshalb er lange Zeit als ewiges Talent verschrien war. Unglückliche Äußerungen ließen den wenig wortgewandten Möller außerdem oft genug zum Buhmann werden. Und so verlief sein Abschied aus der Bundesliga nach einer verkorksten Saison im Trikot von Schalke 04 mit eher geringem Öffentlichkeitsinteresse.

Deshalb hat es dem oft Verkannten sicherlich gutgetan, dass er nun von allen Seiten gebeten wurde, dem Verein in dieser schweren Situation zu helfen. Ein bisschen stolz verrät Möller: "Sogar die Handwerker in meinem Haus haben mich gedrängt, wieder zur Eintracht zu kommen."

Vielleicht schafft er es mit der Frankfurter Eintracht die Klasse zu erhalten und bekommt im gehobenen Fußballeralter endlich doch noch die Anerkennung für seine sportlichen Leistungen und einen Abschied, der seiner Karriere würdig ist.

Dann kann er sich beruhigt seiner neuen Zukunftsperspektive im Management der Eintracht widmen und sein nächstes Ziel anpeilen, irgendwann in die Fußstapfen seines Vorbildes, des Multitalents Günter Netzer, zu treten.

Malte Asmus

Link:
Website der Fußball-Bundesliga

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