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Die Liberalen und ihr "Projekt 18". Was ist die FDP?

Offiziell hat der diesjährige Bundestagswahlkampf noch gar nicht begonnen, doch die FDP ist schon längst mittendrin: Bereits vor Monaten verkündete sie, diesmal als Wahlziel 18 Prozent der Stimmen anzustreben. Die offenbar magische Ziffer, die der Partei fast mehr als ihre programmatischen Vorstellungen zu bedeuten scheint, wird seitdem perpetuierend verkündet.

Der Wähler goutiert es zumindest bislang in den Umfragen und die FDP, die noch in jüngerer Zeit gehörige Probleme mit der 5%-Hürde hatte, liegt beständig über 10 %. Ein ungeheurer Erfolg, selbst wenn man die gängigen Ungenauigkeiten der Demoskopie berücksichtigt. Die Liberalen sind also momentan im Aufwind. Nur, woran liegt das?

Wahrscheinlich lassen sich drei Gründe für die Renaissance der FDP anführen: Zum einen ist ihr oftmals belächeltes Projekt 18 für bestimmte Wähler attraktiv. Denn eine Partei, die sich ehrgeizig hohe Ziele setzt, wirkt offenkundig erfolgversprechender als eine in sich gekehrte oder vor der nächsten Wahlniederlage zitternde Partei. Dem liegt eine alte Binsenweisheit des Marketings zugrunde, nach der Selbstbewußtsein gepaart mit Zuversicht auch jedes noch so mäßige Produkt an den Konsumenten bringen kann.

Zumindest wenn darüberhinaus auch die Verpackung stimmt. Und das ist zugleich die zweite Erklärung für die guten Umfragewerte der Liberalen. Denn wie keine andere Partei in der Bundesrepublik hat sich die FDP der "Spaßgesellschaft" geöffnet: Kein Tag vergeht, ohne einen Fallsprung Jürgen Möllenmanns oder ohne PR-Aktionen, die die jungen, politisch Indifferenten ansprechen sollen. Beredtes Zeugnis legt der vielzitierte Besuch des Parteivorsitzenden Guido Westerwelle im Big-Brother-Container ab. Politik kommt für die Liberalen neuerdings im lockeren, modernen, eben nicht bierernsten "Outfit" daher. Wobei der Grat zwischen Klamauk und Spaß sehr schmal sein kann. Mahnende Stimmen von Alt-Liberalen wie dem ehemaligen Bundeswirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff, bei all dem möge man die gebotene Seriosität nicht vergessen, finden sich öffentlich nur am Rande.

Als dritter und letzter Grund für den Höhenflug, der allerdings für sehr viele Wähler nur untergeordnet erscheinen mag, ist das wirtschaftsliberale Programm anzusehen. Die Liberalen - Motto: "Machen, Machen, Machen" - geben sich als oberste Beseitiger des Reformstaus aus. Problematisch an ihren Vorstellungen zur Steuer- oder Gesundheitsreform ist weniger die angestrebte Umsetzungsgeschwindigkeit, sondern die unverhohlene Konzentration auf eine gutverdienende, leistungsstarke, junge und gesunde Klientel. Hierin liegt eine gedankliche Inkonsistenz, will doch die FDP ihr altes Image der Klientelpartei hinter sich lassen und nun vielmehr eine Partei für das ganze Volk sein.

Und dabei überspannen die Liberalen den Bogen: Entweder man ist wie CDU/CSU und SPD eine echte Volkspartei, die sich programmatisch bewußt an breite Wählerschichten wendet, oder eben eine Partei, die ganz bestimmte Wählerschichten (z. B. Besserverdienende) im Auge hat. Ebenso wenig kann es der FDP gelingen, Alte und Junge gleichermaßen mit ihren "lockerflockigen" Präsentationen anzusprechen.

Wenn zudem auch noch versucht wird, mit kalkuliert populistischen Ausflügen auf Stimmenfang zu gehen, kann man wiederum die Befürworter des Spaßgesellschaft nicht erreichen. Wobei das im Moment noch das geringere Problem für die FDP ist. Denn die Debatte Möllemann-Karsli-Friedman-Spiegel-Westerwelle, die das Maß des erträglichen weit überschritten hat, droht sich als kapitales Eigentor zu erweisen. Kritik von allen Seiten am Vorgehen Möllemanns und an der Führungsschwäche Westerwelles zeigen der eben noch siegesgewiß gestimmten Partei die Grenzen auf. Offenbar haben Teile der Liberalen versucht, mit unlauteren Mitteln Vorurteile und Ressentiments zu schüren. Mit Kritik an israelischer Politik hat das jedenfalls nichts mehr zu tun. Ein sehr fragwürdiger und gefährlicher Weg, neue Wähler gewinnen zu wollen.

Wie so oft lohnt also ein Blick hinter die schillernde Fassade. Gerade bei der FDP.

Stefan Ewert

Links:
Die "Spaßpartei" im Internet
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