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Und am Ende siegen die Guten!

Diesen Satz kennen wir alle aus Märchen und Geschichten, die uns unsere Oma erzählt hat. Er ist geprägt von der ewigen Hoffnung darauf, dass, was auch immer uns an Mühsal und Widerstand begegnet, man am Ende als Sieger dasteht. Wenn man nur einer von den "good guys" ist. Die "bad guys" verlieren immer, es lohnt sich also, brav zu sein. Unsere Welt ist momentan von einem internationalen Konflikt betroffen, dem schon unzählige Menschen zum Opfer fielen und noch mehr fallen werden - der Konflikt zwischen Ost und West, Arabern und Europäern, Irak und Amerika, Islam und Christentum (wenn man denn Islam von einer Religion zu einer Gehirnwaschanlage degradiert, wie dies vielerorts im arabischen Raum passiert). Dieser "clash of civilizations" droht sich gerade jetzt, am Beispiel von Irak, zu verschlimmern, und man denkt, seine Kindheitserinnerungen hochrufend: Am Ende werden die Guten siegen. Doch: Wer sind denn die Guten?

Die Amerikaner sagen, sie seien es. Saddam Hussein sei ein böser Diktator, der sein Volk unterjocht und misshandelt. Er sei eine Gefahr für die Menschheit, weil er Massenvernichtungswaffen besitze. Weil er Unterschlupf für Al-Qaida-Terroristen biete. Die Menschen in seinem Land würden leiden und an der Armutsgrenze leben, während er sich einen Palast nach dem anderen bauen lässt. All dies ist ohne Zweifel richtig und unterliegt keinen Bedenken. Die USA haben auch eine führende Rolle im Feldzug gegen "Die Achse des Bösen", sie setzen das Leben ihrer Soldaten aufs Spiel, um dem Diktator das Handwerk zu legen. Sie verwenden viel Geld für diesen Feldzug. All das - das Geld und vor allem das Leben der Soldaten - würden wir Europäer mit Sicherheit viel zögerlicher einsetzen. Deswegen müssen wir den Amerikanern dankbar sein, weil sie uns einen Großteil der militärischen Verantwortung und Aufgaben abnehmen. So weit so gut.
Aber sind die USA denn wirklich die Guten? Sind sie tatsächlich der weiße Ritter hoch zu Ross? Fakten lassen mehr oder minder leise Zweifel aufkommen. Ist denn Saddam Hussein der einzige Diktator auf der Welt? Sicherlich nicht. Es gibt eine Unmenge davon, in Nordkorea, in Afrika. Lauter totalitäre Staaten. Auch Atomwaffen gibt es in der Welt zur Genüge, beispielsweise in Pakistan. Warum war kein Feldzug gegen Ruanda im Jahre 1994 geplant, als dort Massenmorde stattfanden (800 000 Menschen in 100 Tagen) und die Gesundheitsministerin eigenhändig Kondome für Vergewaltigungen verteilte? Warum darf Amerika dem Irak sagen: "Wenn ihr eure Waffen nicht offenlegt, werden wir euch überfallen? (Diesen Satz hat zwar die UNO gesagt, aber unter entscheidendem Drängen von den USA). Warum darf Irak so etwas nicht zu den USA sagen? Diese haben doch auch mit Sicherheit Massenvernichtungswaffen. Warum dürfen die Großen die Kleinen schlagen, aber nicht umgekehrt? Hans Blix meint, es gebe massive Unvollständigkeiten im Waffenbericht von Irak. Das glaubt man ihm aufs Wort, so wie man Herrn Hussein kennt. Seltsam ist bloß, dass die USA als erste den vollen Bericht bekommen haben und den anderen Nationen ein stark gekürztes "Arbeitsexemplar" gaben. Und dass die Amerikaner bei der Gewinnung von Alliierten für den Irak-Feldzug Öl-Lizenzen verteilt haben, ist auch zwischendurch bekannt geworden. Ebenso kann es auch nicht so richtig als Zufall gelten, dass die USA Truppen bereits vor und während der Auswertung des Waffenberichts mobilisieren. Was wäre eigentlich, wenn Irak einen tadellosen Bericht abgeben würde, würden dann die Amerikaner einpacken und nach Hause gehen? Wohl kaum.

War das eben Anti-Amerikanismus? Mit Sicherheit nicht. Amerika ist ein großes, großartiges Land. Als ein solches hat es jedoch auch eine große Verantwortung. Und diese besteht auch darin, nicht nur gebetsmühlenartig die Achse des Bösen zu beschwören, sondern alle Seiten des Konflikts aufzudecken. Die eigenen Soldaten der Gerichtsbarkeit des Internationalen Strafgerichtshofs zu unterwerfen zum Beispiel. (Es mehren sich Indizien dafür, dass in Afghanistan amerikanische Soldaten bei grauenhaften Säuberungen zugesehen haben, ohne einzugreifen.) Solange die USA wie bisher vorlaut, mit ersichtlichen finanziellen Interessen und zweifelhaften Methoden vorgehen, sind sie - mit allem Respekt - nicht viel besser als Saddam selbst. Von wegen also die Guten. Aber die findet man in Kriegen sowieso nie.

Alexander Archangelskij

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