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Insomnia

Mit "Memento" prsäentierte Christopher Nolan einen der innovatisten und besten Filme der letzten zehn Jahre. Daran muss er sich nun messen lassen.

Zugegeben - Christopher Nolan hatte es nicht leicht. Man könnte sogar sagen, es sei unfair. Aber nach seinem Debut "Memento", einem mitreißenden Film mit einem absolut wahnsinnigen, alle Regeln brechenden und überraschenden Drehbuch, konnte man in sein neustes Werk, "Insomnia", nur mit großen Erwartungen hineingehen. Das hat ein erfolgreicher Start an sich: Man muss immer besser werden oder aber zumindest das Niveau halten. Christopher Nolan hat sich aber bei "Insomnia" um seine Verantwortung gedrückt und filmte ein Remake. Vor fünf Jahren gab es den Plot bereits in einer skandinavische Produktion, nichts sonderlich Aufregendes, aber ganz solide. Und nun also heißt es: Klappe, die zweite. Kein Original diesmal, sondern eine fremde Idee. Da mussten aber erst einmal drei Oscar-Preisträger her, um den Film interessant zu machen. Und die hatte Nolan schnell gefunden: Robin Williams, Al Pacino und Hilary Swank. Mit diesem Team und mit diesem Regisseur konnte nicht viel schiefgehen. Dazu kommen noch George Clooney und Steven "Ocean 11" Soderbergh als ausführende Produzenten. Heraus kam ein solider, handwerklich überzeugender Thriller mit sehenswerten Schauspielern. Nicht jedoch ein aus der Reihe fallender Top-Film.

Zur Geschichte sei gerade das Nötigste verraten: Irgendwo in einem Kaff in Alaska passiert ein Mord. Da die örtliche Polizei ersichtlich überfordert ist, holt man professionelle Unterstützung aus Los Angeles: Ein alter Fuchs aus dem dortigen Morddezernat, Will Dormer (Al Pacino) kommt mit seinem Partner angeflogen. Er wird von der örtlichen Jung-Polizistin und Hoffnungsträgerin Ellie (Hilary Swank) empfangen. Zusammen jagen sie den Mörder, der sich relativ schnell (ungefähr eine Dreiviertelstunde nach Beginn) als der Schriftsteller Finch (Robin Williams) entpuppt. Zu dumm nur, dass Dormer versehentlich seinen Partner erschießt und zu Hause in L.A. sowieso schon Ärger mit der Dienstaufsicht hat, so dass dieser Unglücksfall auf gar keinen Fall herauskommen darf. Noch dümmer, dass Finch, der Mörder, dies alles mitbekommen hat. Ach ja, und es ist gerade Sommer in Alaska, so dass die Sonne erst in ein paar Wochen untergeht. Dormer hat auch dementsprechend viel Spaß beim Einschlafen, was ihm die Arbeit nicht unbedingt leichter macht. Der Name scheint übrigens ein Gag der Drehbuchautorin Hillary Seitz zu sein: "dorm-" ist ein lateinischer Wortstamm, der "schlafen" bedeutet (vgl. das französische "dormir").

Da der Mörder bereits relativ früh klarsteht, kann es allein mit der Mördersuche nicht gewesen sein. Es gibt in der Tat eine interessante Weiterentwicklung. Der Film lebt aber in erster Linie von den beiden Alt-Stars Pacino und Williams, die sich großartige Szenen liefern. Während Pacino das macht, was er am besten kann, einen Cop mit Killer-Instinkt und null Respekt vor Verbrechern zu geben ("Du denkst, du bist etwas Besonderes, dabei bist du meine tägliche Arbeit. Du bist das, was ein stinkendes, verstopftes Scheiß-Klo für einen Klempner ist!"), mimt Williams diesmal keine von seinen üblichen Figuren. Weder ist er ein sympatisches Armeeradio-Großmaul ("Good morning Vietnam") noch ein fürsorgender Lehrer ("Club der toten Dichter") noch schließlich eine leicht verrückte Drag-Queen-Tagesmutter ("Mrs. Doubtfire"). Einen kaltblütigen Killer, der er sein soll, nimmt man ihm trotz allen Respekts vor dem Image-Wechsel am Ende doch nicht ab. Das macht aber nichts. Der Film funktioniert trotzdem; ohne Effekthascherei und wilde Verfolgungsjagden, ruhig und dennoch spannend, gut gespielt und ohne Star-Allüren. Dennoch bleibt er weit hinter "Memento" zurück. Aber vielleicht wollte Nolan uns Zuschauern erst einmal eine Zwischenspeise servieren während er an einem teuflischen Zweiten Gang brütet.

Alexander Archangelskij

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