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Luft für Schröder

Die EU-Mitglieder einigen sich mühsam auf eine gemeinsame Position zum Irak - Ein Erfolg für Schröder?

Bundeskanzler Gerhard Schröder kann durchatmen: Sah es in den letzten Wochen noch so aus, als verspiele er sämtliches Vertrauen seiner europäischen Partner mit Ausnahme des leider recht unsicheren Kantonisten Frankreich, ist er jetzt einigermaßen glimpflich davon gekommen.

Statt der drohenden Isolierung Deutschlands als Folge seiner ziemlich undiplomatischen und unklugen frühen Festlegung in der Irak-Frage kann er nun mit Befriedigung erkennen, dass sich die EU-Mitglieder auf dem montäglichen Sondergipfel in Brüssel doch noch auf eine gemeinsame Position zum Umgang mit dem Irak verständigten. Immerhin präsentierte sich die Union bis dahin äußerst gespalten, von einheitlichem Auftreten, ja von EINER außenpolitischen Stimme Europas konnte überhaupt keine Rede sein. Es schien, als sei die EU handlungsunfähig und weit davon entfernt, tatsächlich ein eigenständiger Akteur auf internationalem Parkett zu sein.

Aus Schröders Sicht war der Gipfel ein großer Erfolg für seinen Kurs: Immerhin musste insbesondere Tony Blair, der treuste Gefährte der Amerikaner Zugeständnisse machen und sich von seiner harten Haltung, die Entwaffnung des Iraks notfalls ohne ein weitreichendes UN-Mandat durchzusetzen, verabschieden. Es ist also den Beteiligten in Brüssel gelungen, einen Kompromiss zu finden, mit dem alle Mitgliedsstaaten vorerst leben können und Deutschland hat sich wieder außenpolitischen Spielraum verschafft. Doch hat Schröder wirklich einen kleinen diplomatischen Sieg erungen?

Denn die gemeinsame Erklärung, in der die volle Unterstützung der UN-Waffeninspektoren sowie die vollständige Abrüstung des Irak gefordert werden, schließt einen Krieg als letztes Mittel nicht aus. Zudem soll auch den UN-Inspektoren nicht unbegrenzt Zeit gegeben werden, ihre Untersuchungen durchzuführen. All das widerspricht den Forderungen des Kanzlers. Sogleich beeilte er sich dann auch am Dienstag, die Kriegsdrohung als "rein abstrakte Aussagen" zu relativieren. Also nun wieder Kommando zurück?

Was von der Brüsseler Erklärung tatsächlich zu halten, wie stabil der frisch geschmiedete Kompromiss der EU-Staaten am Ende wirklich ist, hängt auch vom Druck der Amerikaner im UN-Sicherheitsrat ab. Es ist fraglich, ob die mühsam gefundene gemeinsame Position der EU bei einer Abstimmung über eine zweite, diesmal klar zum Krieg ermächtigende UN-Resolution Bestand hätte. Schließlich könnte es sehr wohl sein, dass sich Großbritannien oder Spanien keineswegs an die EU-Erklärung gebunden fühlen. Und auch die Franzosen haben sich nicht klar festgelegt, welchen Kurs sie einschlagen werden, sondern sich mehrere Optionen offen gehalten.

Das hätte mindestens zwei Konsequenzen: Die EU stünde vor einem diplomatischen Scherbenhaufen und wäre tief gespalten. Und der Kanzler könnte zum Schluss wiedermal völlig isoliert dastehen.

Stefan Ewert

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