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Günther Grass: Im Krebsgang

Inzwischen hat es auch der letzte Analphabet mitbekommen: Günter Grass hat ein neues Buch geschrieben. Und natürlich haben sich alle schon darüber ausgelassen: Kulturmagazine und die gesammelten Feuilletons, der Spiegel mit Titelbild und natürlich Marcel Reich-Ranicki, der nach eigenen Angaben – man höre und staune – sogar geweint hat bei der Lektüre, und zwar diesmal nicht aus Wut oder Verzeiflung, sondern vor Rührung.

Tatsächlich: Man kann das Buch auch ohne abgeschlossenes Studium lesen und muss kein Germanistikprofessor sein, um es zu verstehen. »Im Krebsgang« wird nicht – wie viele Grass’sche Werke – durch verklausulierte Metaphern verrätselt, sondern ist in klarer, verständlicher Sprache geschrieben. Gleichwohl steckt im neuen Buch des Meisters mehr, als sich auf den ersten schnellen Blick erschließt.

Geschickt hat Günter Grass zahlreiche teils reale, teils fiktive Biografien miteinander verwoben. Zusammengehalten werden die (Lebens-)Geschichten durch ein Zentrum, um das sie alle kreisen: Die Versenkung des mit deutschen Ost-Flüchtlingen überfüllten Schiffes Wilhelm Gustloff am Ende des Zweiten Weltkrieges. Dabei schweift der Autor nie zu weit ab, kehrt stets unbeirrbar zu seinem Mittelpunkt zurück, nähert sich den Geschehnissen immer wieder von anderen Seiten, mit neuen Blickwinkeln und Perspektiven.

Grass hat in seine knapp 200 Seiten starke Novelle viel hineingepackt – historische Fiktion und Fakten, moderne Probleme wie den Missbrauch des Internets durch alte und neue Nazis, revanchistische Vertriebene, eine Kriminalgeschichte, sich selbst als großen unbekannten Auftraggeber des Ich-Erzählers Paul – und hat all diese Erzählstränge zu einem stimmigen Gesamtkunstwerk verbunden. Mit Tulla, einer Überlebenden des Untergangs, ihrem Sohn Paul und ihrem Enkel Konny stehen im Mittelpunkt der Handlung drei Generationen einer Familie, von denen jede ihren ganz eigenen Umgang mit der im Nachkriegsdeutschland verdrängten Tragödie pflegt.

Der unlängst mit dem Nobelpreis bedachte Literat hat Kritiker wie Leser überrascht und gezeigt, dass er den "Oscar der Literatur" nicht nur für sein lang zurückliegendes Monumental-Erstlingswerk erhalten hat: Er kann es noch!

Nora Mansmann

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