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Ildikó von Kürthy: Mondscheintarif

Ildikó von Kürthy, Journalistin vom Stern, ist mit ihrem schriftstellerischen Debüt, Mondscheintarif, ein Bestseller gelungen. Mondscheintarif ist mehr als nur ein Frauenroman.

Ildikó von Kürthy
Foto: Rowohlt
In Buchläden gibt es seit ein paar Jahren eine neu beschriftete Ecke, in die sich selten Männer verlieren: In die Rubrik der Frauenromane. Wir Männer kennen die Autorinnen der Frauen, und wir meiden sie: Joy Fielding, Hera Lind oder Amelie Fried. Allein schon die Titel schrecken uns ab: "Traumfrau mit Nebenwirkungen" oder "Frau zu sein bedarf es wenig", "Das Superweib". Was sollte einen Mann bitte dazu bewegen, solch ein Buch zu lesen? Darf er das überhaupt? Stellen Sie als Frau sich bitte einen Mann in der U-Bahn vor, der "Das Superweib" gierig verschlingt. Würden Sie den noch mit nach Hause und ins Bett nehmen? Wir können diese Bücher nicht lesen. Schon, weil wir sehr stolz sind, wie Frauen übrigens auch, und unser Stolz durch die Autorinnen auf eine harte Probe gestellt wird. Auf jeder dritten Seite wird uns dargelegt, dass Frauen doch die höchste Spezies auf der Erde sind, wohingegen Männer mit ihren Genetalien denken, weil ihr erbsengroßes Gehirn zu klein zum Denken sei.

Sehr viel schlauer scheinen Frauen allerdings auch nicht zu sein, sonst wären Männer nicht immer und immer wieder maßgebliche Figuren der Frauenromane. Die eine Hälfte der Bücher probiert noch den Frauen klarzumachen, dass sie autark und stark sind und ohne Männer nicht nur überleben können, sondern vor allem die Männer überleben würden, wenn da nicht die Sache mit der Fortpflanzung wäre. Die andere Hälfte aber, bestes und populärstes Beispiel "Bridget Jones", bringt die traurige Wahrheit ans Licht: Frauen können ohne Männer nicht, auch wenn die behaartere Spezies der Menschen aller Wahrscheinlichkeit nach zu großen Teilen "Arschlöcher" sind.

Die Cora aus dem Film "Mondscheintarif"
Foto: Senator Film
Männer, nun dürft Ihr künftig nicht mehr den Fehler machen, einen Bogen, um den Frauentisch im Buchladen zu machen. Wenn Ihr den "Feind" beherrschen wollt, es gibt noch Machos, die im 21. Jahrhundert die Frau als Feind sehen, dann müsst Ihr ihn kennen, in seine Psyche eindringen und ihn von innen aufmischen. Und mit Eindringen ist die mentale Form des Eindringens gemeint. Und für die, die nicht nur daran interessiert sind, die Frau zu erforschen, um sie danach ins Bett zu bekommen, sondern es wirklich ernst meinen, ist "Mondscheintarif" von Ildikó von Kürthy geschrieben worden. Keine Sorge, man muss im Laden nicht den zugenbrecherischen Namen der Autorin ansprechen. Jede Buchverkäuferin wird Ihnen helfen können, wenn Sie nach "Mondscheintarif" verlangen. Fragen Sie als Mann lieber keinen männlichen Verkäufer, der wird Ihnen zwar auch das richtige Buch geben, Sie jedoch für ein Weichei halten, dieser Ignorant.

Cora Hübsch ist 33 Jahre alt und anders, als es ihr Name vermuten lässt, keine große Schönheit. Nomen non est omen. Aber Cora kennt ihre Schwächen, und sie kennt auch die Mittel, mit denen man die Schwächen korrigieren kann : Push-Up-BH sowie "Wonder-Po"-Strumpfhose. Mit 33 immer noch auf Mr. Right warten zu müssen, das ist schon schwierig, wenn man sich die Männer, mit denen man intim wird, aussuchen kann. Wie schwierig muss es aber sein, wenn man die Männer nicht wirklich aussuchen kann, wie tragisch ein einziger Abend sein kann, an dem man auf den Anruf des vermeintlichen Mr. Perfect wartet, davon berichtet von Kürthy auf dermaßen amüsante Weise, dass nicht nur Wolfgang Joop zu den Fans dieses Werks gehört. Männer sind nach Ansicht von Cora Arschlöcher, aber eben nicht alle, und Dr. med. Daniel Hoffmann ist definitv keins. Aber wieso ruft er nicht an? Diese Frage quält Cora einen Abend lang, den Leser quält sie nicht, denn ER erfährt eine Menge über die weibliche Psyche.

"Hallo, ist da Daniel Hoffmann dran?"
Foto: Senator Film
Frauen spielen uns ebenso was vor, wie wir versuchen, Ihnen was vorzuspielen. Nur viel erfolgreicher. Oder sind Sie noch nie auf einen Push-Up reingefallen? Wir erfahren auch, dass eine gutgemeinte Lüge niemals, aber auch wirklich niemals unangebracht ist. Es sei denn, Sie haben großen Mist gebaut, dann lassen Sie das, aber ansonsten können Sie ruhig Sprüche wie "Du siehst gut aus" bringen, auch wenn Sie nicht hundertprozentig passen. Ein großes Don´t: "Auch andere Mütter haben hübsche Söhne." Wenn Sie eine Frau nur als "Freundin" haben, dann streichen Sie solche Floskeln aus Ihrem Repertoire. Keine Frau dieser Welt empfindet solche Aufmunterungen als Trost. Wir erfahren, dass Frauen eine beste Freundin haben und sie auch brauchen, weil niemand einer Frau mehr Trost bieten kann als eine Frau. Aber die meisten Frauen haben auch einen besten Freund, mit dem sexuell nie was gelaufen ist, und macht Euch keine Hoffnungen beste Freunde, nie was laufen wird. Das sind wichtige Menschen im Leben einer Frau, aber eben nur im Leben und nicht im Bett. Der letzte Tipp, der hier vorweggenommen werden soll, doch es wird nicht zu viel verraten, denn das Buch steckt voller Weisheiten: Frauen mögen Kosenamen aus dem animalischen Bereich nicht. Nicht "Mausi", nicht "Kätzchen" und auch nicht "Schweinchen." Wenn Ihr einer Frau was Gutes tun wollt, versucht es mal mit "Liebste".

Es ist die übliche Geschichte. Mann trifft Frau. Sie schlafen miteinander, und dann...dann wartet Cora darauf, dass er anruft. Und während sie wartet, lässt sie uns an ihren Gedanken, an ihrem bisherigen Leben und ihren Träumen teilhaben. Das klingt in der Tat wie ein Frauenbuch. Nun, Frauen, seid beruhigt, es ist auch eins. Aber vor allem, und dafür danken Dir, Ildikó von Kürthy, Millionen von Männern ist es ein Lehrbuch für uns Männer. Wie lange kann es dauern, bis ER anruft? Warum ruft er nicht an? Während sich Cora diese Fragen stellt, verflucht sie Daniel Hoffmann und mit ihm alle Männer, um im nächsten Moment zu heulen, weil sie ihn so toll findet.

Wer bisher ungebunden ist und nicht weiß, wieso, der sollte "Mondscheintarif" lesen. Und Cora, falls es Dich da draußen gibt, und ich weiß, dass es Dich gibt, weil ich eine Cora kenne, die nicht wirklich Cora heißt, aber Cora ist, wir Männer sind gar nicht so schlecht. Vor allem sind wir nicht so unterschiedlich. Auch Männer sitzen vor ihrem Telefon und warten auf einen Anruf ihrer Liebsten.

Sachar Kriwoj

Links:
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