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Under Suspicion

Vier fantastische Schauspieler, zwei Verhörräume, ein genialer Handlungsaufbau - mehr braucht man nicht, um einen sensationell guten Film zu drehen.

Kurz bevor der reiche Anwalt Henry Hearst bei einem Wohltätigkeitsball eine Rede halten soll, wird er von Captain Benezet noch auf das Revier gebeten um an seiner Aussage ein wenig zu feilen. Diese musste Hearst nämlich abgeben, nachdem er am Vortag beim Joggen ein totes Mädchen im Gestrüpp gefunden hatte. Was wie eine reine Routinebefragung anfängt, dehnt sich nach und nach zu einem beinharten Verhör aus und schon bald wird klar: Für Captain Benezet und Detective Owens ist Hearst ein Serienmörder. Sämtliche Fakten sprechen gegen ihn und langsam aber sicher fängt sein Lügenkonstrukt an zu bröckeln...

Dieses Remake des Films "Das Verhör" hätte unscheinbarer kaum in unsere Kinos gelangen können. Gerade mal einige wenige Kopien war den Wiener Kinos dieser fabelhafte Film wert. Warum das so ist, darüber kann ich nur mutmaßen: Scheinbar ist ein Film, der sich rein auf zwei Schauspieler konzentriert, die sich im Büro gegenüber sitzen und einen psychologischen Infight liefern, ohne auf jegliche Special Effects zurückzugreifen, nicht mehr gefragt. Die Besucherzahlen geben dieser Vermutung leider voll und ganz recht und so wird wohl nur einem kleinen, erlesenen Kreis der Genuss dieses Meisterwerks zuteil.

Morgan Freeman und Gene Hackman ziehen in diesem Duell alle Register ihres Könnens und demütigen damit geradezu ihre Nachfolger. Überzeugender hab ich in letzter Zeit kaum zwei Akteure miteinander interagieren sehen. Vorallem die Blicke, welche sich die beiden nach der Auflösung des Falles zuwerfen, sind mit keinem Special Effect und mit keinem Teeniestar aufzuwiegen - das ist Schauspielkunst in ihrer höchsten Vollendung. Neben ihnen verblassen natürlich auch die beiden Jungstars Thomas Jane und Monica Bellucci, welche beide aber auch alles geben, um diesen Film zu etwas Besonderem zu machen.

Speziell aus psychologischer Sicht ist dieser Film ein Leckerbissen. Schon "Das Experiment" fragte sich in diesem Kinojahr, wieviel Druck Geist und Körper aushalten, bevor man in sich zusammenbricht. In diesem Fall ist Henry Hearst das Opfer, welches Stück für Stück auseinandergenommen wird. Sein Alibi weist immer mehr Lücken auf und schon bald stellt sich heraus, dass er eine kleine perverse Vorliebe hat. Dies macht ihn zwar noch nicht zum Mörder, lässt ihn allerdings in einem äußerst ungünstigen Licht erscheinen. Captain Benezet entlockt ihm seine intimsten und schrecklichsten Geheimnisse und mit jedem entarnten Detail, wird Hearst labiler. Benezet stochert auch haargenau in diesen seelischen Wunden herum und man beginnt zu erahnen, warum die Romanvorlage zu diesem Film "Brainwash" heißt.

Die Handlung spielt sich - wie bereits gesagt - die meiste Zeit über in den beiden Verhörräumen der Polizeistation ab. Aber dennoch verlässt man in Rückblenden desöfteren das Gebäude und rekonstruiert den Tathergang. Und hier kommt erneut ein Kunstkniff zu Tage, den ich sehr schätze. Während also Hearst erzählt, wie sich die Dinge aus seiner Sicht zugetragen haben, befindet sich plötzlich auch Benezet in der Rückblende und interagiert mit ihm. Obwohl es bei dem Thema sicher nicht um ein tabuloses handelt (Kindesmissbrauch), so ist der Film stets bedacht, pietätvoll zu bleiben und das gelingt ihm auch die meiste Zeit über. Hearts' Ode an junge Frauen scheint zwar etwas geschmacklos zu wirken, aber: spricht er nicht wirklich nur das aus, was sich auch die meisten anderen Männer denken?

Massentauglich ist dieser Film mit ziemlicher Sicherheit nicht, denn dafür ist er zu unspektakulär. Der Film ist ruhig, baut seine Spannung aus Dialogen auf und der einzige Special Effect ist jener, dass Gene Hackman die Treppe hinunterfällt. Wer sich vor einem textlastigen Film nicht fürchtet und psychologisch interessiert ist, der kommt an diesem Film aber mit Sicherheit nicht vorbei.

Fazit: "Under Suspicion" ist ein Psychothriller der Extraklasse der zeigt, dass Freeman und Hackman noch lange nicht zum alten Eisen gehören.

Claus Schlamadinger

Links:
offizielle Site: www.undersuspicion.com

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