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Kanzler Schröder und die Vertrauensfrage: Ein verlorener Sieg?

Kanzler stellt die Vertrauensfrage und gewinnt. Doch rettet das die rot-grüne Koalition?

Der Bundeskanzler und seine Minister können aufatmen: Der Bundestag hat Schröder am Freitag in namentlicher Abstimmung das Vertrauen ausgesprochen, damit auch den Fortbestand der rot-grünen Koalition gesichert und ganz nebenbei den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan - und wo es sonst im Kampf gegen den Terror noch notwendig ist - beschlossen.

336 Koalitionäre, zwei mehr als für die Kanzlermehrheit nötig, aber eben nicht alle Mitglider der beiden Regierungsfraktionen stimmten für die Vertrauensfrage, die der Kanzler aus taktischen Gründen mit der Entschließung über den Bundeswehreinsatz verknüpft hatte. Das Grundgesetz läßt einen solchen Nexus in Artikel 68 ausdrücklich zu, weshalb der Kanzler auch nicht müde wurde zu betonen, daß er ein Verfassungsrecht wahrnehme und daher von Erpressung oder Druck auf Zweifler in seiner eigenen Fraktion oder bei den grünen Partnern überhaupt keine Rede sein könne.

Dies stellt sicherlich nicht alle zufrieden und ist nicht gänzlich überzeugend. Ohne Frage ist es legitim, wenn der Kanzler auf diese Weise seine Schäflein zur Räson bringt, doch makellos ist sein Triumph wahrlich nicht. Denn der Preis, den Schröder zu zahlen bereit war, ist hoch: Die eigenen Genossen verschnüpft, den kleinen Partner düpiert, ja an den Rand einer Sinnkrise getrieben. Meinte Schröder noch am Anfang der Woche, eine eigene Regierungsmehrheit für den umstrittenen Einsatz sei nicht nötig, besann er sich kurz darauf eines besseren und benutzte mit der Vertrauensfrage sein gewichtigstes Druckmittel. Die fehlende Geschlossenheit der Koalition bei der Mazedonienabstimmung sollte sich nicht wiederholen, die Regierung müsse, so Schröder, als handlungsfähige Einheit erkennbar sein.

Gelungen ist es ihm nur teilweise, diesen Eindruck in der Öffentlichkeit zu vermitteln: Nur wenige zweifeln zwar daran, daß die Grünen die Koalition verlassen würden, sind sie doch vom Erfolg des "Reformprojekts" überzeugt und sonst durchaus auch kompromißbereit, aber in dieser speziellen Frage des Bundeswehreinsatzes ging es um die grüne Substanz und ihre Wurzeln. Für viele der pazifistischen Grünen war hierbei der Rubikon einfach überschritten. Ihre erzwungene Zustimmung wird noch für Aufruhr und Diskussionen an der Basis sorgen und möglicherweise größere interne Verwerfungen hervorbringen.

Gerhard Schröder hat Machtwillen und Durchsetzungsvermögen bewiesen. Unter Inkaufnahme eines tiefen Risses bei seinem Koalitionspartner. Vielleicht ein Pyrrhus-Sieg des Kanzlers und das Ende einer vertrauensvollen Zusammenarbeit.

Links:
Mehr dazu bei Spiegel Online
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Stefan Ewert

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