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Die Wutprobe

Anger Management ist eine Gruppentherapie, die besonders jähzornige Menschen zum Zügeln ihres Temperaments veranlassen soll. Doch als der friedliebende (und scheinbar zu Unrecht verurteilte) David Buznik (Adam Sandler) als Strafe einer solchen Sitzung beiwohnen muss, trifft er auf Jack Nicholson in der Rolle des Therapeuten Dr. Buddy Rydell.

Dr. Buddy Rydells (Jack Nicholson, m.) unkonventionelle Therapievorschläge für Dave Buzniks (Adam Sandler, r.) angebliche Aggressionen machen auch vor einem friedlichen Mönch – Daves Erzfeind Arnie Shankman (John C. Reilly, l.) – nicht Halt.
Alle Fotos: Columbia Tristar
Während es anfangs scheint, als müssten die Rollen genau umgekehrt verteilt sein (denn der von allen angebetete Therapeut scheint seine Patienten an Skurrilität noch zu übertreffen), verliert David im Laufe der Sitzung auf Grund der Aggressivität der Gruppenmitglieder unerwartet seine Beherrschung. Er muss dulden, dass Buddy für einen Monat lang in seine Wohnung – und sein gesamtes Leben – einzieht. Eine Reihe peinlichster Zwischenfälle und demütigender Situationen treiben David mehr und mehr an den Rand der Verzweiflung; immer im Rahmen der urkomischen, an Wahnsinn grenzenden Therapie des Dr. Buddy. Als dieser sich jedoch auch noch unter dem Deckmantel seines Doktortitels an Davids hinreißende Freundin Linda heranmacht, ist der sonst so nette David zum ersten Mal in seinem Leben wirklich wütend...

Wer Jack Nicholsons Charakterdarstellungen schätzt, wird diesen Film lieben. Allein die Gegenüberstellung von zwei derartig verschiedenen Schauspielern wie Jack Nicholson und Adam Sandler in einer Therapeut-Patient-Beziehung reicht an sich, um für genug Gags in diesem Film zu garantieren. Erstaunlicherweise (Hollywoodhumor ist ja mittlerweile häufig etwas platt) ergeben sich viele der amüsantesten Szenen wie von selbst. Die Vorstellung, einen Jack Nicholson schmatzend und vollkommen nackt zu einem beklagenswerten Adam Sandler ins Einzelbett steigen zu sehen, würde an sich schon reichen. Aus Nicholsons unrasiertem Gesicht freundlich sich zum Bettnudismus bekennende Worte perlen zu hören, ist jedoch mehr als Sandler – und die Zuschauer – vertragen können! Die hilflose Verzweifelung des armen Menschen ist mehr, als das ernsteste Publikum aushalten könnte, ohne in Lachsalven auszubrechen.
Gehört sich zwar eigentlich nicht für die Freundin eines Patienten, aber trotzdem lässt sich Linda (Marisa Tomei) zu einer Verabredung mit Dr. Rydell überreden.
Der Regisseur (Peter Segal) rühmt sich, mehrere derartige Gruppentherapien besucht zu haben und erschreckenderweise selbst bei sich Anzeichen unterdrückter Wut gefunden zu haben – der Anspruch einer wahrheitsgetreuen Wiedergabe fällt jedoch den eingebauten Scherzen zum Opfer. Auch die Moral am Ende, auf die Hollywood nie ganz verzichten möchte, entspricht eher dem amerikanischen Traum kompromissloser Individualität und aggressiver Authentizität, als dem realen Leben. Aber da man von der großen "Traumfabrik" auch nichts anderes erwartet und schließlich mit der Absicht in den Film geht, sich zu amüsieren (und nicht um eine Dokumentation über Jähzorn zu sehen), kann man über diese Oberflächlichkeiten mit einem Augenzwinkern hinwegsehen.

Adam Sandler, der zugleich auch ausführender Produzent des Films ist, stand schon als 17-jähriger auf der Bühne eines Comedy-Clubs und ist seitdem zu einem der gefragtesten Komiker Hollywoods aufgestiegen.1993 katapultierte ihn "Die Coneheads" und kurz darauf "Happy Gilmore – Ein Champ zum Verlieben" in die Liga der Superlative. Das Erfolgsrezept von Filmen wie z.B. "Mr.Deeds" oder "Weddingsinger" mag in der engen Zusammenarbeit von Sandlers Freunden liegen, die meist Großteile der Crew bilden.
Der friedliebende Dave (Adam Sandler) muss – nicht vorhandenen – Aggressionen Luft machen.
Jack Nicholson, den man kürzlich in "About Schmidt" bewundern konnte, gewann auch schon Oskars für "Besser geht's nicht" (1997), "Einer flog übers Kuckucksnest (1975) und "Zeit der Zärtlichkeit". Der an sich vielseitige Schauspieler überzeugte in letzter Zeit meist als Darsteller menschlich-problematischer Charaktere, weiß diese jedoch immer derart vielschichtig zu interpretieren, dass man keinen anderen als Nicholson in dieser Rolle sehen möchte. Sein dämonisches Grinsen, der überraschend auftauchende Charme sowie seine protzige und egozentrische Selbstüberzeugtheit machen ihn zur perfekten Besetzung der abstoßend – anziehenden Gestalt des Dr. Buddy Rydell.

Marisa Tomei (Oskarpreisträgerin für "Die beste Nebendarstellerin" in "My Cousin Vinnie"), die die Rolle von David Buzniks Freundin Linda spielt, gibt dem ganzen Geschehen etwas sehr Menschliches. Überzeugend in ihrer Darstellung einer fröhlichen, jungen Frau bildet sie gleichzeitig einen Kontrast zu den sonst extremer angelegten Charakteren. Sie ist der Mittelpunkt, zu dem die Geschichte immer wieder zurückkehrt, selbst wenn sie persönlich zunächst nicht im Mittelpunkt steht. Die für ihre natürliche Ausstrahlung bekannte Schauspielerin spielt im Gegensatz zum Großteil der Hollywood-Elite auch oft in Theaterstücken mit (z.B. in "Salome" mit Al Pacino) und brilliert meist in Komödien ("The Guru", "Was Frauen wollen" u. a.).

Zusammenfassend ist dem Film rauschender Erfolg zu prophezeien. Eine Komödie im Stile von "Besser geht's nicht" mit einem dominanten Jack Nicholson und einem herrlich vom Schicksal – oder vielmehr Nicholson – verfolgten Adam Sandler. Einzige Schwächen könnten darin bestehen, dass Nicholsons Spielweise schon durch vergangene Filme bekannt ist und er sich hier nicht wesentlich anders darstellt. Auch mögen einige der finalen Enthüllungen nicht ganz unerwartet kommen, jedoch wird dies durch den Witz und das Tempo des Films bei weitem wettgemacht. Wer sich diesen Film nicht anschaut, wird etwas verpassen – und zwar einige der besten Lacher des Jahres 2003!

Patricia Ernst

Link:
Offizielle Film-Website

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