Mit 60 Jahren, da fängt das Leben an!

Katja Ebstein: Witkiewicz

20.03.2005

»Wow«, denkt man sich bei einem Blick auf das Cover des neuen Albums »Witkiewicz« von Katja Ebstein – »die soll schon 60 Jahre alt sein?« Dass Frau Ebstein aber nicht nur gut aussehen, sondern vor allem auch gut singen kann, stellt sie hier nebenbei gleich mit unter Beweis.

Katja Ebstein: Witkiewicz
Foto: EMI
Die Karriere von Katja Ebstein begann im Jahre 1970 mit dem Grand-Prix-Song »Wunder gibt es immer wieder«, der ebenso den dritten Platz belegen konnte wie ein Jahr später der Titel »Diese Welt«. Nachdem sie 1980 mit »Theater, Theater« und Platz 2 in Den Haag den dritten Grand-Prix-Erfolg in ihrer Karriere verzeichnen konnte, zeigte sie in den folgenden Jahren – nomen est omen – ihr vielseitiges Talent vor allem auf den Theaterbühnen Deutschlands.

Auch soziales und politisches Engagement kam nicht zu kurz. So unterstützte sie seinerzeit Willy Brandt bei seinem Wahlkampf, protestierte später öffentlich gegen AKWs und Golfkrieg und machte sich auch im Kampf gegen AIDS stark. Ob UNO-Flüchtlingshilfe, UNICEF oder Welthungerhilfe, Katja Ebstein engagiert sich, wo sie kann. Ein besonderes Anliegen sind ihr Kinder, so dass sie Ende der Neunziger die »Aktion Umwelt für Kinder – Hilfswerk für umweltgefährdete junge Menschen« mitbegründete. Erst im vergangenen Jahr rief sie, quasi als Dach dieses Engagements, die »Katja- Ebstein-Stiftung« ins Leben, die weltweit Not leidende Kinder zu unterstützen hilft.

Doch damit nicht genug. Sie sang erfolgreich Musicals, interpretierte Gedichte von Heinrich Heine und Bertold Brecht, stand vor der Fernsehkamera, brachte uns internationale Songpoeten wie Bob Dylan, Leonard Cohen und Stevie Wonder auf Deutsch nahe oder sang in sieben weiteren Sprachen und war auch damit erfolgreich. Ihr geliebtes Berlin, in dem sie nach der Flucht aufwuchs, besang sie liebevoll mit Couplets von Otto Reuter, Erich Kästner und Kurt Tucholsky. Eine faszinierende, ungeheuer vielseitige Künstlerin, diese Ebstein.

Seit Anfang März steht nun ihr neuestes Album in den Läden, betitelt nach ihrem Mädchennamen »Witkiewicz«. Präsentiert wird stilistisch vielfältiger, deutschsprachiger Chanson. Dabei liest sich endrucksvoll die Liste derer, mit denen sie am Album gearbeitet hat. Mit Manfred Maurenbrecher schrieb sie den Song »In diesem Land« – ein Song über das Lebensgefühl in Deutschland im Jahre 2005. Ein weiteres gesellschaftspolitisches Stück, gesungen mit dem Beatbetrieb-Sänger Michael Janz, ist »Was geht’s uns an«. Auch Xavier Naidoo schrieb exklusiv für Katja Ebstein die spirituelle Soulfanfare »In meinen Armen«. Als Bonustitel gibt es dann noch ihren Evergreen »Wunder gibt es immer wieder«, der schon u.a. vom »Meister« höchstpersönlich – Guildo Horn – gecovert wurde.

An den Instrumenten standen neben dem Multiinstrumentalisten Dieter Falk auch weitere zahlreiche renommierte Musiker wie Thomas Simmerl (Schlagzeug) und Christian von Kaphengst (Kontrabass) aus der Band von Till Brönner, dem derzeit populärsten deutschen Jazzmusiker, sowie das German Pops Orchestra. Produziert wurde das Album ebenfalls von Dieter Falk, mit dem Katja Ebstein bereits in den Achtzigern zusammengearbeitet hat. Schon damals war er Pianist ihrer Band und hat auch diesmal sämtliche Klavier- und Keyboardparts übernommen. Zudem konnte er nun seine Erfahrungen als renommierter Produzent (Patricia Kaas, Marshall & Alexander, Roger Chapman, Pur etc.) einbringen.

Summa summarum geling Katja Ebstein mit »Witkiewicz« daher ein durchaus gelungenes Album, welches zwar nicht unbedingt die junge Hörerschaft ansprechen sollte, aber dennoch in der heutigen Zeit durchaus ein wenig Abwechslung in die durchgestylte Musiklandschaft bringen dürfte.

André Depcke

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